Indiana

LiteraTour – eine literarische Reise nach Indiana

Meine literarische Reise durch die 50 Bundesstaaten der USA beginnt in Indiana. (Dort gibt es einen Ort der Bremen heißt, von dem ich in meinem Beitrag über Amerika im Überseemuseum berichte.) Auf die Idee für diese Serie bin ich durch den Podcast vom Bayrischen Rundfunk von Dirk Rohrbach gekommen, der von seinen Reisen durch alle Bundesstaaten (Indiana) in loser Reihenfolge erzählt.

Zu Beginn einige Infos zum Bundesstaat Indiana als Hinführung auf die von mir vorgestellten Bücher.

Indiana im Überblick
Indiana erste Station literarische Reise

Indiana wurde am 11. Dezember 1816 als 19. Bundesstaat in die United States of America aufgenommen.
Spitzname des Staates lautet: The Hoosier-State. Die Einwohner Indianas werden auch Hoosier genannt und nennen sich auch selbst so. Die Herkunft des Wortes ist nicht eindeutig geklärt. Eine mögliche Erklärung besagt, dass mit hoosier Menschen aus den Bergen (wobei hoo sich vom angelsächsisch hill ableitet)1 gemeint sein könnten. 
Die Hauptstadt ist Indianapolis.

Von TUBS – Wikipedia CC BY-SA 3.0

Durch Landwirtschaft geprägt

Das Land ist überwiegend flach. Es werden hauptsächlich Mais, Sojabohnen, Weizen und Tabak angebaut, sowie Viehzucht betrieben. Indiana zählt zum Corn Belt. Die ländlichen Regionen sind relativ dünn besiedelt. Laut US Census Bureau sehen sich 81,5 % der Bevölkerung als “Weiße” an, wobei Hispanics (aus lateinamerikanischer oder spanischer Herkunft) nicht enthalten sind.
In den 1920er Jahren begünstigten eine zunehmende Einwanderung aus Deutschland und aus anderen europäischen Staaten sowie die Prohibition das Wiedererstarken (eine zweite Welle) des KuKluxKlans. Mit dem Slogan 100% American (100% in Amerika geboren, 100% Protestantisch, 100% Englisch sprechend, 100 % Weiß) sollte ein Schutzschild gegen Einflussnahme von Juden, Katholiken u.a.. heraufbeschworen werden. In dieser aufgeheizten Stimmung zogen in Marion am 7. August 1930 mehrere Männer los, um zwei kriminelle Afroamerikaner zu lynchen (Roman von L. Hunt). David Curtiss Stephenson, der in Indiana führend für den Zulauf des KuKluxKlans war, führte letztendlich auch deren Niedergang herbei (Sachbuch von T. Egan).

In Indiana lebt auch ein hoher Anteil an Amish People, die Thema beim Bundesstaat Ohio sein werden.

Rust Belt im Norden

Im nördlichen Teil Indianas entstanden zu Zeiten der industriellen Revolution mehrere Industriestandorte, zu einem guten Teil durch die Stahlproduktion und zum anderen infolge der Autoproduktion. Im Zuge der Wirtschaftskrise in den 70er Jahren wurde aus einer florierenden Wirtschaftszone der sogenannte Rust Belt, der durch “rostige” Industrieruinen, einen Rückgang der Bevölkerung und zunehmende Verarmung gekennzeichnet war. Auswirkungen von dieser Entwicklung sind in dem Roman von Tess Guntys “Der Kaninchenstall” zu spüren.

Bücher, die in Indiana spielen

Tess Gunty
Der Kaninchenstall
Original: The rabbit huntch
Sozialkritisch – eine Industriemetropole im Wandel
Der Roman von Tess Gunty spielt in einem Wohnkomplex am Rande der vom Untergang der Industrie nach der Wirtschaftskrise gezeichneten fiktiven Stadt Vacca Valey.
Mehr zum Inhalt
Laird Hunt
Die Vögel sangen ihre letzten Lieder
Original: The Evening Road
btw Verlag, 2022
Gesellschaftlich sozialkritischer Roman
In der Nacht zum 7. August 1930 wurden in Marion, einem kleinen Ort im Grant County in Indiana zwei afroamerikanische Männer öffentlich vor einer großen Menschenansammlung von Schaulustigen hingerichtet. Der Roman greift das Ereignis auf, das in den fiktiven Ort Marvel verlegt wird, um die Stimmung an diesem lauen Abend einzufangen. Die Atmosphäre rund um das Spektakel wird aus Sicht der beiden Protagonistinnen Otti Lie Henshore und Calla Destry geschildert. Sie ist geprägt von Sensationslust, Unterhaltungsdrang und Spannung auf der einen Seite, von Angst, Unsicherheit und Wut auf der anderen. Für meinen Geschmack etwas unglücklich wählt der Autor zur Vermeidung der Worte „Schwarze“ und „Weiße“ die ungebräuchlichen Bezeichnungen Maisblätter und Maiswurzeln.
Timothy Egan
A Fever in the Heartland:
The Ku Klux Klan’s Plot to Take Over Amerika
Sachbuch KuKluxKlan in Indiana
Anfang des 20. Jahrhunderts hatte sich der KuKluxKlan, ein Zusammenschluss von „Weißen“ zur radikalen Durchsetzung eigener Interessen in den USA, speziell auch in Indiana, erneut verbreitet. Das Buch beschreibt die Brutalität, mit der Männer, insbesondere David Curtiss Stephenson, vorgegangen sind. Die Aussage eines Opfers führte zur Verurteilung von Stephenson wegen mehrerer Verbrechen, was letztendlich die Macht des Klans zum Erliegen brachte.
Gene Stratton-Porter
The Girl of Limberlost
Klassiker im Original
Ein klassischer Roman aus Indiana: die Geschichte spielt Anfang des 19. Jahrhunderts und handelt von Elnora Comstock, die mit ihrer Mutter verarmt und auf dem Land lebend ihren Weg finden muss.
Der Roman ist auf English digital frei zugänglich über das Projekt Gutenberg.
Ausgewählte Literatur

Der Kaninchenstall

Tess Gunty
Der Kaninchenstall
Originaltitel: The Rabbit Hutch, aus dem Englischen von Sophie Zeitz
Kiepenheuer & Witsch, 2024
416 S.
www.kiwi-verlag.de/

Der Roman Kaninchenstall ist der erste Roman von Tess Gunty, geboren 1993 in Indiana, die für ihr Debüt gleich mit dem National Book Award Fiction ausgezeichnet wurde. Die Handlung ist angesiedelt in einem fiktiven Ort. Vacca Vale liegt im Rust Belt. Der Niedergang der Autoindustrie prägt den Ort und insbesondere den Wohnkomplex, in dem die Geschichte spielt. Dieser wird mit einem Kaninchenstall verglichen.  

Die Personen

Blandine Watkins, die 18jährige Hauptperson im Roman, lebt im Appartement-Komplex in C4, denn wie in einem Koordinatensystem sind die Wohneinheiten durch Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet. Gleich zu Beginn des Romans ist davon die Rede, dass sie aus dem Leben scheiden wird. Dieses angekündigte Ende durchzieht etwas mysteriös den Roman bis zum Schluss, ebenso wie die Verbindung Blandines zu den Lehren von Hildegard von Bingen.

Im Laufe des Romans lernen wir die verschiedensten Personen kennen. Im Vordergrund stehen:
Jack, Malick und Todd, alle drei 17 Jahre alt, kämpfen mit ihren eigenen Problemen, als Blandine zu ihrer Zweckgemeinschaft stößt.
Joan Kowalski hat auf einem Nachrufportal die Aufgabe, beleidigende Kommentare zu sperren.
Moses Robert Blitz, der sich von seiner Mutter ewig schikaniert fühlte, bringt dies in seinem Nachruf zum Ausdruck. Joan sieht sich gezwungen diesen zu unterdrücken.
Hope ist eine Mutter, die ihr Baby liebt, aber sich dennoch vor den Augen des Kindes grauelt. Sie ist durch ihr eigenes Verhalten irritiert.

Das Baby ist vier Wochen alt. Seit vier Wochen lebt die Mutter im Keller ihres Verstandes. Den ganzen Tag hat sie ihre Ängste mit Mamablogs geschürt. S.. 13

Bevor die Mutter Mutter wurde, war sie Hope. »Witzig, dass du Hope heißt. Du bist einer der hoffnungslosesten Mensch, den ich kenne.« S. 13

meint ihre Cousine Kara.

Die Vielzahl weiterer Personen, Handlungsorte und unterschiedlichen Genres macht es nicht ganz leicht dem Roman zu folgen. Der Handlungsstrang, der von den Hauptprotagonisten getragen wird, zieht sich jedoch bis zum Schluss durch.

Leben in einem Wohnsilo

Der Roman zeigt die Auswirkungen einer strukturellen Umgestaltung in einer einst wirtschaftlich blühenden Metropole. Weder blumige Namen, weder ein bisschen Goodwill noch vielfältige digitale Kommunikationsmöglichkeiten können über Einsamkeit und Orientierungslosigkeit hinwegtäuschen. Nachbarschaft ist überwiegend auf zufällige Begegnungen beschränkt. Die im Häuserkomplex wohnenden Personen vermitteln den Eindruck, in einer fragmentarischen Welt zu leben. Die Vielstimmigkeit des Romans hat mich in den Bann gezogen, auch wenn ich mit dem ein oder anderen Bild nicht ganz so viel anfangen konnte.

  1. https://www.in.gov/history/about-indiana-history-and-trivia/emblems-and-symbols/what-is-a-hoosier/